Üben in Gruppen
. . . bedeutet: man spielt immer eine Gruppe von 4 oder 6 Noten (meist sind die 8tel-, bzw 16tel-Ketten mit Balken in solche Gruppen gegliedert) und hält dazwischen an. Entscheidend sind hier die Pausen! In den entstehenden Pausen zwischen den Gruppen gilt es die nachfolgende Gruppe mental vorzubereiten. Die Gruppen selbst sollten jeweils zügig ausgeführt werden (am besten beidhändig). Auf diese Weise entstehen etwas komplexere Bewegungsmuster, die (zeitlich) immer die gleiche Größe haben und daher später als solche bequem bewusst zu steuern und zu kontrollieren sind. Hiermit vermeidet man das, was ich die MOTORISCHE FALLE nenne. Voraussetzung, man lässt die Pausen unterschiedlich lange, sonst bildet sich ein neuer Rhythmus, der sich wiederum als unkontrollierte Motorik festsetzt.
Vergleichbar ist diese Übetechnik ein bisschen mit dem Sprechen in Wörtern. Wenn Sie beispielsweise die Wörter „einverstanden“, „unverstanden“, „missverstanden“. zügig nacheinander aussprechen, sprechen sie 12 Silben in gleichmäßigen 8tel oder 16tel „Notenwerten“. Sie denken aber in Wörtern, nicht in Silben (und schon gar nicht in Buchstaben). Durch das Üben in Gruppen vermeidet man, dass die Noten nicht wie eine willkürliche Sammlung von mehr oder weniger schwierigen und überraschenden Einzeltönen im Gehirn verarbeitet werden (worüber man stets die Kontrolle verliert), sondern als überschaubare, rhythmische (je nachdem auch rhythmisch betonte) Bündel, ähnlich wie obige Beispielwörter mit Betonung auf einer Silbe ausgeführt werden.
Ist Musik nicht in rhythmisch gegliederte Gruppen dieser Art abgespeichert, gleicht die Verarbeitung im Gehirn etwa eines Textes, in dem die Leertasten fehlen. Z.B.: einverstandenunverstandenmissverstanden.
Die Notentextverarbeitung am Klavier sollte sich ohnehin in einerseits vertikale Bilder und andererseits horizontale Bilder gliedern, was bei der Ausführung bedeutet, dass man immer in Positionen (Griffen) und darauf ausgeführten Bewegungsmustern denken sollte.
Musiker, die sich physische Probleme wie Sehnenscheideentzündung oder Karpaltunnelsyndrom erspielt haben, finden oft Hilfe in einer Übetechnik, die als Alexandermethode bekannt geworden ist. Sie basiert auf ähnlichem Prinzip wie das Üben in Gruppen, nämlich dem immer wieder Anhalten und die fehlerhaften Angewohnheiten durch erneute Befehle korrigieren.
Das Üben in Gruppen eignet sich u.a. sehr gut um Passagen zu korrigieren, aber auch um Passagen ins Tempo zu üben oder die Ansschlagsqualität zu verbessern. Darüber hinaus hat es sehr viele positive Nebeneffekte, die ich hier nicht alle aufzählen kann.
Langsam üben…
…wird immer wieder als Allheilmittel empfohlen. Allerdings liegt hierin auch immer die Gefahr, dass man beim zu langsamen Spiel in eine Art „Buchstabiermodus“ verfällt, der die Notentextausführung stressiger macht, weil man zu viele kleine Einzelentscheidungen treffen muss. Langsam üben macht nur dann Sinn, wenn die Ausführung der Bewegungsmuster „rund“ ist, d.h. dass es (wie bei Üben in Gruppen beschrieben) rund geformte kleine Einheiten sind, die eben nur in Zietlupe ausgeführt werden. Es empfiehlt sich immer wieder Passagen vom gewohnten Tempo ins Zeitlupentempo herunterzudrosseln. D.h.: in mehreren Durchgängen immer eine kleine Stufe langsamer zu spielen bis man unter dem Tempo angekommen ist, das man bequem vorausdenken und korrigieren kann. Dann kann man das Tempo wieder anziehen. Spielt man eine unbefriedigende Passage gleich im ultralangsamen Tempo, dann besteht die Gefahr, dass sie sich im Gehirn abspaltet und zu einer neuen Passage wird. Bei der Rückkehr ins gewohnte Tempo wird man alle fehlerhaften Komponenten wiederfinden. Der Effekt der Abspaltung wird immer dann deutlich, wenn jemand im gewohnten Tempo andere Fingersätze nimmt als im langsamen, ohne es zu merken. Die „Stufenweise-langsamer-Methode“ eignet sich gut um das stressfreie (anspannungsfreie) Vorausplanen einer Passage zu erlernen. Gefahr: man sollte aufpassen, dass sich die Anschlagsqualität nicht verschlechtert. Im Langsamen muss sich das Verhältnis des Anschlagstempos und des Spieltempos verändern, d.h.: verlangsamtes Spieltempo bei gleichem Anschlagstempo (vor allem der „Rausbewegung“ der Finger aus den Tasten, ob aktiv oder passiv).
Eine weitere Gefahr des Langsamspiels ist, dass man die Gruppen nicht mehr als „Wörter“ begreift. Wenn man das Wort „einverstanden“ ultralangsam ausspricht, versteht man, was ich meine. Der häufigere Übefehler ist allerdings, dass man zu schnell spielt.
Das Üben in Gruppen würde man übrigens der Übetechnik „LANGSAMES SPIEL“ zuordnen.
Von hinten her üben…
.…..ist eine sehr wirksame Methode um auf Sicherheit zu üben. Man kann sie sowohl an kleineren oder Größeren Passagen, als auch an einem ganzen Stück anwenden. Man beginnt mit der letzten Stelle, also mit dem direkten Schluss. Dann setzt man einen Abschnitt davor (die Größe bestimmt man je nach Situation) und spielt ebenfalls bis zum Schluss durch. Dann wieder einen davor usw. So übt man zum einen sichere Einstiegsstellen, in die man jeweils ohne den Zusammenhang von vorne in den Fingern oder im Ohr zu haben einsteigen muss. I.d.R. sind die schwierigsten Stellen am Schluss und so übt man zum anderen diese unwillkürlich am meisten. Gleichzeitig entfernt man sich immer stärker von den eben geübten Stellen und setzt andere davor. Aus dieser Distanz die Stellen abrufen zu können macht sie sicherer. Immer, wenn man am Ende angelangt ist, sollte man eine kurze Konzentrationspause einhalten, dann übt man gleichzeitig auch, seine Aufmerksamkeit in der Ausdauer zu steigern.
Man kann diese Methode auch an schwierigen Passagen oder Stellen mitten im Stück anwenden. Man nimmt eine schwierige Stelle, setzt direkt bei ihr ein und arbeitet sich von da aus, wie oben beschrieben, nach vorne vor.
Diese Methode über eine ganzen Sonate durchzuziehen macht natürlich keinen Sinn, weil die Strecken, die immer wieder durchgespielt würden, zu lange wären. Selbst innerhalb eines Sonatensatzes sollte man überlegen, ob man sie nicht besser nur auf einen Teil, etwa die Exosition, die Durchführung oder die Reprise bezieht. Besonders gut eignet sie sich bei Fugen.
Möglicher Nachteil: dadurch, dass gewisse Strecken immer wieder durchgespielt werden, besteht die Gefahr, dass sie sich zu automatisiert im Gedächtnis ablagern und die Aufmerksamkeit nachlässt. Das sollte man erkennen und dem rechtzeitig entgegenwirken.