Hier habe ich kleine über die Jahre gesammelte Episoden und Aussprüche von Schülern im Unterricht festgehalten
Bevor ich mit Schülern ein neues Stück anfange, lasse ich sie es in der Regel in einer Skala von 1 (gefällt nicht) bis 10 (gefällt außerordentlich) bewerten. Der 12-jährige L. bewertete ein Stück mit 7 und sagte dazu: „Das ist schon schön, aber meine Mutter würde es sicher mit 10 bewerten und das ist ein Grund, warum es bei mir nicht über 7 hinauskommen kann.“
Habe ich dem 8-jährigen T. einen schönen Gruß von einem hübschen Mädchen aus dem Nachbarort bestellt. Darauf sagt er: „Ah, da weiß ich von wem: von meiner Oma!“
Die kleine N. hat gesehen, wie sich das Dach von meinem Cabrio öffnet. Als ich mich in der nächsten Woche von ihr verabschiede, sagt sie: „Dietmar, . . . machst Du nochmal Dein Dach kaputt?
Schüler M. habe ich eine festgefahrene Stelle als eine Art neuronale Verschaltung erklärt, darauf er: „Die Synapsen sind eben auch Drecksäcke.“
Der 14-jährige L. sagt: „Das ist schon blöd. Wenn die Hände größer werden, passen die Oktaven nicht mehr.“
Bewundere ich das moderne T-shirt der kleinen M und bedauere, dass ich keines in einer so modernen Farbe habe. Darauf sie tröstlich: „Ach Herr Seibert, irgendwann wird bestimmt auch die Zeit kommen, wo das in ist, was Sie an haben.“
Sagt der kleine P.: „Ich glaub, ich muss mal auf Toilette.“, darauf ich: „Das hältst Du bestimmt noch aus, wir haben nur noch 5 Minuten.“, darauf er: „Wenn aber doch die Kacke vor der Tür steht?“
Alex P. schrieb: „Ich interessiere mich für Klavierunterricht für mich und meinen Mann.“ Daraufhin antwortete ich: „Sehr geehrte Frau P….“ Prompt kam zurück: „…nur weil ich mit einem Mann verheiratet bin, heißt nicht, dass ich eine Frau sein muss ;-)…“
Der 19-jährige D. ist nicht so recht zum Üben gekommen. Abiturlernen steht an und er beklagt sich über Deutschlehrer, die sich bei Goethe die abenteuerlichsten Interpretationen aus den Fingern saugen. Schließlich sagt er: „Mal ehrlich, ist der ganze Gretchen-Scheiß nicht doch auch nur RTL-Niveau?“
Der 19-jährige M hat das deutsche Gesundheitswesen durchschaut. Eben hat er ein Praktikum beim Rettungsdienst absolviert. Während der Hitzewelle dieses Sommers stellt er mir ein eisgekühltes Glas Wasser hin. Nun bin ich während der Klavierstunde nicht zum trinken gekommen und er sagt mit einem Augenzwinkern: „Wenigstens habe ich es schonmal hingestellt, damit Du nicht kollabierst und ich dann den ganzen Papierkram ausfüllen muss.“
In den Klavierstücken gibt es „Bratkartoffel-Stellen“ und „Spiegeleier-Stellen“. Die Bratkartoffel-Stellen müssen früher in die Pfanne und immer wieder umgerührt werden, weil sie länger brauchen, bis sie gut sind. Die Spiegeleier-Stellen dagegen, lernt man erst zum Schluss. Sagte der kleine T. zu mir: „Sie sind eine Bratkartoffel und ich ein Spiegelei.“ – „Warum?“, fragte ich zurück. „Na weil Sie schon länger in der Pfanne sind als ich.“
Unterbricht Schüler L sein Spiel und sagt: „Ich muss Dich mal was fragen. Wie haben da einen in der Klasse, der hat einen so kleinen Kopf. Wie kann das sein, dass der so schlau ist, wo doch fürs Gehirn so wenig Platz ist?“
Sagt die Mutter zum kleinen K., als sie mich an der Haustür verabschieden: „Und, was wünschen wir noch dem Herrn Seibert? Sag mal: Schönes Wochenende Herr Seibert.“, darauf er entsetzt: „Das haben wir doch noch nie gemacht.“
Der 5-jährige A hat seine erste Klavierstunde und als wir die Mutter nach oben geschickt haben und alleine am Klavier sitzen, sagt er: „Weißt Du eigentlich, warum ich Klavier lernen will?“ – „Warum?“, frage ich. „Wenn ich das kann, gehe ich ins Gefängnis und spiele den Gefangenen.“ – „Das ist ja eine gute Idee…“, antworte ich, „aber meinst Du, die haben ein Klavier dort?“ – „Stimmt…“, sagt er und überlegt einen Moment. „Ach, dann nehme ich eben einfach eins mit.“
Ich unterrichte gerade die neunjähige C als nebenan in der Küche Geschirr zu Bruch geht. C unterbricht ihr Spiel, hält die Hände vor den Mund und sagt „ohje“. Dann hört sie die Mutter sagen: „Ach, ist nicht so schlimm.“ und meint: „Wenn sie das sagt, war sie’s selbst.“, grinst und setzt ihr Spiel fort.
Studentin C kann mir diesmal nur den Stuhl mit den Katzenhaaren anbieten. Nach der Stunde frage ich sie: „Und, wie seh ich jetzt aus?“ Sie antwortet: „An der Hose kann ich nichts sehen. Aber am Stuhl sind noch viele, also können an Dir nicht viele hängen.“
Sagt eine begeisterte Schülerin: Immer wenn Du da bist zum Klavierunterricht, bekommt alles so einen Pusch; und dann kommt das Leben wieder dazwischen.
Die kleine L zeigt auf meinen Bart und fragt: „Warum ist das da weiß und da braun?“ Ich antworte: „Na weil ich schon so alt bin. Früher war das überall braun.“ Nun schaut sie mich noch einen Moment an und sagt: „Ich find das bunt viel schöner!“
Fragt die kleine N, wie alt ich bin. Ich lasse sie raten und nach ein paar Versuchen tippt sie richtig. Dann fragt sie mich: „Stimmt es, dass man bei Frauen nie mehr als 30 raten darf?“
Sagt eine Schülerin: „Ich habe da neulich ein ganz tolles Stück gehört, ich weiß aber net mehr von wem. Ich weiß nur, dass der dem Schumann, als der in die Klapse gekommen ist, die Frau ausgespannt hat.“
Eine andere Schülerin sieht einen Druck von einem alten bärtigen Herrn in meiner Mappe. „Das ist der Brahms“, sage ich und erzähle obige Begebenheit. „Echt jetzt?“, sagt sie. Ich sehe ihren entsetzten Blick und ergänze: „Aber da war der noch jünger.“ Darauf sie: „Ja dann kann ich es verstehn.“
Jetzt hat auch die Mutter der 5-jährigen L. Unterricht und während dieser Zeit sitzt sie am Tisch und malt. Als ihre Mutter bereits im dritten Takt völlig aus dem Konzept gerät, dreht sie sich energisch um und sagt: „Mensch Mamma!“
Der 5-jährige M. spielt jetzt nach Noten. Alle meine Entchen beginnt auf dem C auf der Hilfslinie. Als ihm beim nächsten Stück die Orientierung fehlt, sucht er nach der Note auf der „Rettungslinie“.
Erzählt mir die Mutter des 16-jähigen E., er sei nach dem Üben, was sich ausgezeichnet angehört habe, ins Wohnzimmer gekommen, habe sich in den Sessel fallen lassen und gesagt: „Brahms ist einfach scheiße.“
Kinder sind aufmerksame Beobachter: sagt die kleine J. als sie mir stolz das Weihnachtsgeschenk übergibt: „Die Tasche kenn ich. Da ist eine Flasche drin. Die hat meine Mama gestern geschenkt bekommen.“
„Wetten um diese 10 Cent, dass Du es nicht schaffst, zum nächsten Mal auch den Fingersatz an dieser Stelle zu berichtigen.“ Der 7-jährigen R. hatte zuvor gesehen, wie ich mit seiner Mutter abgerechnet und die 50-Euro-Scheine zu den anderen in mein Portmonee gesteckt hatte. „Wir können ja um 1000 Euro wetten.“, sagt er. „Ist das nicht ein bisschen viel?“, gebe ich zurück. „Außerdem glaube ich nicht, dass ich so viel dabei habe.“ Darauf er bescheiden: „Och, mir reicht schon das, was in Deinem Geldbeutel ist.“
Der 6-jährige D spielt Stücke aus dem Musical „Babylon“ und singt inbrünstig dazu. An der Stelle wo die Soldaten die hübsche junge Esther in den Königspalast entführen wollen und die Eltern um Gnade bitten, hat er plötzlich den Text vergessen. Statt: „Sie ist uns so teuer, sie ist doch unser ganzes Glück“ singt er: „Sie ist uns so teuer, …em… gebt uns das Geld.“
Manchmal redet man auch über persönliche Probleme, die Schüler gerade haben. Beklagt sich die 15-jährige M: „Ich sage Ihnen, wenn man in die Pubertät kommt, fangen die Eltern an anstrengend zu werden.“
Als ich bei einem blinden Schüler den Unterricht unterbreche um das Licht einzuschalten, lacht der und sagt: „So’n Scheiß brauch ich nicht.“
Sagt der neunjährige B. zu seiner ehrgeizigen Mutter, die ihn zu noch längeren Übezeiten überreden will: „Find erst mal einen Jungen in meinem Alter, der so gut Klavier spielt wie ich.“
Sagt Schüler N. am Anfang einer Klavierstunde: „Ich habe diese Woche überhaupt nichts geübt.“ „Warum?“, frage ich und er antwortet: „Ich hatte Angst, dass ich etwas falsch machen könnte.“
In meiner Harmonielehre für Kinder sind Akkorde Würmer die ganz unterschiedliche Eigenschaften haben. Darunter gibt es die Septimakkorde. Das sind die verliebten Würmer, weil sie, wenn sie zwischen den Linien stehen (Weibchen) ein starkes Streben hin zu einem bestimmten Akkord auf den Linien (Männchen) haben und umgekehrt. Der kleinen K. hat dieses Prinzip vollkommen eingeleuchtet. Neulich erzählte sie mir: „Der Valentin in meiner Klasse ärgert mich immer. Er sagt ich wär in Fabian verliebt, dabei stimmt das gar nicht. Da hab ich zu dem gesagt: ‘So ein Quatsch, ich bin doch kein Septimakkord.‘ „
Sagt die kleine 5-jährige Griechin im Klavierunterricht, nachdem sie mich nachdenklich angeschaut hat: „Warum machen Sie das nicht weg?“ – „Was denn?“, frage ich. Sie sucht nach dem richtigen Wort, dann sagt sie: „Die Mähne“ und fährt sich mit der Hand über ihr Kinn.
Ein Nachbarmädchen kommt uns besuchen und staunt: „Oh, Ihr habt ja auch einen Flügel.“ – „Ja!“, sage ich. „Willst du mal drauf spielen?“ Vorsichtig setzt sie sich an das ehrwürdige Instrument, betrachtet es eine Weile unschlüssig, dann dreht sie sich um und fragt: „Ist das schon an?“
Es ist Osterzeit und die kleine M. schenkt mir ihr schönstes Osterei. Sie hat es selbst bemalt, sagt sie. Die Klavierstunde verläuft weniger gut. Ich muss sie massiv rügen, ihr Üben war oberflächlich und alle eingeübten Fehler sind noch unverändert da. Als ich auf die Uhr schaue und die Stunde beende, steht ihr die Enttäuschung im Gesicht. Schließlich ringt sie sich durch und fragt: „Können wir nicht doch das Ei wieder tauschen? Ich hab auch noch andere, die sind genau so schön.“
Sitze ich im Unterricht bei einem Jungen, dessen Mutter mich für gewöhnlich mit einem frisch aufgebrühten Kaffee verwöhnt. So ist es auch diesmal. Sie stellt vorsichtig den Kaffee ab und macht dazu noch eine Packung mit einer Auswahl leckerer Plätzchen auf. Als der Junge das sieht, hört er auf zu spielen, dreht sich um und sagt verzweifelt: „Oh nein Mama! Nicht die guten Plätzchen!“
Sagt eine Schülerin, nachdem ich ihr eindringlich die Bedeutung der Übungen mittels neuer Erkenntnisse der Hirnforschung begründe: „Und für den twin pen, den de immer bei mir liegen lässt, hast de dann wohl keine Synapsen gebildet.“
Schüler K, zu dem ich jeden Donnerstagnachmittag zum Unterricht fahre, stellt mir Punkt 16.00 Uhr einen Cappuccino neben das Klavier mit der Bemerkung: „Wenn de zu spät bist, is er kalt.“
Eine 11-jährige Schülerin hat in meinem Kalender ein Foto meiner Frau gesehen und staunt: „Booh! Ist die hübsch!“ Dann sieht sie mich an und sagt: „Aber machen Sie sich nichts draus. Frauen sind immer schöner als Männer.“
Wirft die 8-jährige J in mein Gespräch mit ihrer Mutter um das so rasch verstimmte Klavier ein: „Der Papa hat gesagt, wenn die Oma tot ist, haut er die Wand raus und dann kommt das Klavier dort hin.“
Schüler M öffnet mir wie gewohnt die Tür. Doch heute fragt er, bevor ich eingetreten bin, ob ich einen Kaffee möchte. „Kaffee? Ja, warum nicht“, antworte ich und als er den Kaffee mit großer Sorgfalt aufgebrüht, behutsam ans Klavier balanciert und ihn vorsichtig, ohne etwas zu verschütten abgestellt hat, überlegt er kurz und fragt: „Möchten Sie auch noch ein paar Kekse?“ – Da stimmt doch etwas nicht, denke ich. „Hast nicht geübt, oder?“ – „Ja, aber wir haben auch so viele Arbeiten geschrieben.“
Sieht mir der 8-jährige P ungeduldig in die Augen, während ich ihm eindringlich begreiflich zu machen versuche, dass er die Übungen sorgfältiger ausführen muss. Als ich fertig bin, hält er es nicht mehr aus und platzt mit der Frage heraus: „Hast Du eigentlich schon meine Fische gesehen?“
Wünscht sich der 9 jährige L ein kleines Schweizer Taschenmesserchen, wie ich es gelegentlich benutze um kleine rote Pfeile auszuschneiden, die ich den Schülern in die Noten klebe. Er will nämlich Klavierlehrer werden und so ein Messerchen hat er dann schon mal.
Ein anderer Schüler will ebenfalls Klavierlehrer werden. „Dann kann man den ganzen Tag mit dem Cabrio herumfahren und wird bei den Leuten verwöhnt.“
Man hört gelegentlich, dass Eltern ihren Kindern die Zeiten für Computerspiele kürzen, damit sie mehr Klavier üben. Die Eltern der kleinen T mussten ihr allerdings übefreie Zeiten verordnen, weil sie ununterbrochen ihre Lieblingsstücke spielte.
Schüler N spielt den Titel: „I like Chopin“. Auf meine Frage hin „Was ist Chopin“, antwortet er: „Weiß nicht, vielleicht ein Champagner?“
Der kleinen L hatte ich gesagt, ich würde ihr in der nächsten Woche eine Fingerübung mit dem Namen „Fesselstudie“ erklären. Oft brennen sich Begriffe ins Gedächtnis der Kinder ein, gerade weil sie merkwürdig klingen. In der darauf folgenden Woche überfiel sie mich schon an der Tür mit der Frage: „Wie geht das mit der Felsenstute?“
Frage ich eine Schülerin, nachdem sie den schwierigen Schlussakkord des modernen Stückes mühsam ertastet hat: „Findest Du den auch wieder?“ – Darauf sie: „Mal fühlen, wo die Tasten noch warm sind.“