….Wer öfter bei Nacht und Regen auf der Autobahn unterwegs ist, der kennt die Anspannung, wenn der Verkehr dazu noch dicht ist und schnell fließt. Es fehlt die nötige Voraussicht und man weiß, dass man auf mögliche Manöver der anderen nicht rechtzeitig reagieren könnte. Das schafft Stress, Verspannung und führt zu Fehlern.
Nicht anders ist es beim Klavierspiel. Ein ganz entscheidender Grund für Anspannung beim Spiel ist nun die fehlende oder unzureichende Voraussicht. Niemand könnte beim Reden in Buchstaben denken. Aber genau das versucht derjenige, der (wie häufig gelernt wird) in einzelnen Noten denkt. Da es schier unmöglich ist, beim Musizieren in Noten zu denken, etabliert sich bei vielen ein diffuses Geflecht aus automatisierten Bewegungskomponenten, die als EIN Ganzes ebensowenig steuerbar sind wie als Wust von Einzelnoten. Strukturiertes Denken ist erforderlich und das geht nicht ohne strukturierte Notentexterfassung und strukturierte Bewegungssteuerung.
Die Forschung bestätigt heute, dass jede ausgeführte Bewegung (abgesehen von unkontrollierten Reflexen oder automatisierten Abläufen) im Gehirn zunächst vorbereitet und dann ausgeführt wird. Das wiederum erfordert Reaktionszeiten, durch die wir beispielsweise beim Jagen einer Fliege unterlegen sind. Jeder Versuch die erforderlichen Reaktionszeiten zu verkürzen lässt Stress und Anspannung entstehen. Es gilt also Notentexte in bequem zu denkende Einheiten zu etablieren und diese vorausschauende und vorausplanend auszuführen.
Ein Ansatz ist das Üben in Gruppen. Hier wird die Grundlage geschaffen, Notentext in Rhythmischen Einheiten zu etablieren, die auch unabhängig vom Kontext abrufbar sein können. Gleichzeitig verlangsamt und entspannt diese Art der Notentextverarbeitung das Mitdenken während des Spiels.